Der RSC Betzdorf schickt zwar keine Profisportler, aber jede Menge Leidenschaft ins Rennen. Einige Fahrer trainieren über 20.000 Kilometer im Jahr, andere fahren „kurz und heftig“

 

Betzdorf. 19 Männer und eine Frau schicken die Radsportler des Schäfer-Shop-Teams vom RSC Betzdorf in der bald beginnenden Straßensaison 2024 ins Rennen. Während das Gros des Teams in den Masters-Lizenzklassen unterwegs ist, wird nun auch die Nachwuchsförderung wieder sichtbar, denn mit Elias Jakobs führt der RSC in seiner 40. Rennsaison auch wieder einen Juniorenfahrer ins Feld. In den Räumen des Sponsors Schäfer Shop stellte der Verein nun sein Team vor.

 

Während sich die Ansprüche, Vorlieben und Ziele der einzelnen Fahrer unterscheiden, sind die Liebe zum Radrennsport, Trainingsfleiß und das Streben nach vorderen Platzierungen gemeinsame Elemente im Betzdorfer Radsport-Kollektiv. „Ehrgeiz und Disziplin sind die Basis von Erfolgen im Sport wie im Unternehmertum. Das verbindet“, betonte Klaus Buchen im Namen der Geschäftsleitung von Schäfer Shop, während sich die Fahrer bei der Begrüßung noch einmal die Trikots und Hosen zurecht zupften.

 

Auch Stadtbürgermeister Benjamin Geldsetzer sprach in seinem Grußwort vom „Stolz der Stadt“ auf das Radsportteam und verfolgte mit großem Interesse die Interviews, die der Deutsche-Welle-Redakteur Joscha Weber als Moderator der Teampräsentation mit den Fahrern führte. Der einzigen Frau im Team entlockte er gleich zu Beginn das, was auch den Rest des Teams antreibt.

 

„Es macht einfach Spaß. Und wenn man Erfolg hat, will man den wiederholen und immer besser werden, ist doch klar“, sagte die 48-jährige Francis Cerny angesprochen auf ihre drei Siege, die sie 2023 in der Frauen-Hauptklasse feierte. Als Krönung des „normalen“ Trainings spulte Cerny kürzlich 1000 Kilometer binnen einer Woche beim Trainingslager in Lanzarote ab, um die jüngere Konkurrenz weiter in Schach zu halten – Rennübersicht und Erfahrung allein reichen dazu nicht. „Bei einem Rennen waren die beiden neben mir auf dem Podium zusammen weniger alt als ich“, schmunzelt die „Grande Dame“, die selbst für ihren USA-Urlaub im Sommer Rennstarts anpeilt: „In Kalifornien habe ich schon mal ein Rennen gewonnen, das würde ich gerne wieder schaffen.“

 

Während Cerny Erfolge bei klassischen Straßen- und Rundstreckenrennen jagt, lieben andere RSC-Asse die Langstrecke. Martin Rommelfanger beispielsweise will beim legendären Öztaler Radmarathon unter die ersten Fünf seines Altersspektrums und muss sich dazu für vier Alpenpässe auf 220 Kilometer fit machen. Vergleichbare Ziele verfolgt der Betzdorfer Sascha Jarusaen, der in diesem das „Beast of Bramsche“, ein Marathonrennen über 240 Kilometer, zähmen will. Im Emsland sind zwar keine Pässe, sondern „nur“ kürzere Anstiege zu meistern, doch auch die summieren sich auf 2400 Höhenmeter.

 

Auch Juniorenfahrer Elias Jakobs zieht es in die Berge, wenngleich auf ganz andere Weise. Er hat für seine Debütsaison Bergzeitfahren, Straßenrennen und neue Bestmarken im Training ins Visier genommen – hier fordert er sich schon jetzt mit Aufsehen erregenden Touren. Im Herbst beispielsweise fuhr Jakobs in den Taunus und radelte dort acht Mal den Großen Feldberg für in Summe 4000 Höhenmeter hinauf.

 

Der allgemeine Trend im Rennen wie auch im Training sind allerdings etwas kürzere Distanzen. Die Mehrheit des Schäfer-Shop-Teams nimmt die zeitlich begrenzten Cyclocrossrennen, Zeitfahren oder vergleichsweise kurze Rundstreckenrennen ins Visier, wie es unter anderem die Betzdorfer City-Night ist – einfach deshalb, weil das Training für diese Veranstaltungen sich zwar auch intensiv, aber nicht ganz extrem zeitraubend gestaltet. Die meisten Schäfer-Shop-Teammitglieder stehen mitten im Leben, gehen Vollzeitjobs nach und kümmern sich um Kinder – da ist es günstig, wenn auch mal 50 bis 80 Kilometer in einer normalen Trainingseinheit reichen und es nicht so häufig dreistellig sein muss.

 

Ein Beispiel ist Marcel Brech, mit 40 Rennen in 2023 der aktivste sowie mit 18 Top-Ten-Platzierungen einer der erfolgreichsten Fahrer des Teams. „Ich bin nicht mehr so lange Einheiten gefahren und habe den Fokus auf Intervalle gelegt, herausgekommen ist dabei meine beste Saison“, sagt der Masters-2-Fahrer. Aus der Zeitnot („Ich bin alleinerziehend, da muss ich pünktlich zu Hause sein“) machte er eine Tugend und kombinierte sein Training oft mit der Hin- und Rückfahrt zur Arbeit. Nun will er noch einen draufsetzen, es endlich auch wieder aufs Podium schaffen und einen neuen Angriff bei der Spreewaldrundfahrt starten, bei der ihm im vergangenen Jahr ein Lenkerbruch einen Strich durch die Rechnung machte.

 

Den gleichen Ansatz verfolgt, ebenfalls familienbedingt, Nico Matuschak: „Ich fahre eigentlich nie 100 km, lieber kurz und heftig.“ Der Koblenzer deckt von Straßenrennen über Zeitfahren sowie MTB-, Cyclocross- und Gravelrennen fast alle Sparten ab. Vor allem letztere seien eine interessante Neuheit: „Ich fahre gerne schnell im Gelände und das Starterfeld ist dort ein Wildwuchs aus allen Ecken, auch mit Profis. Leider sind mir bei Gravelrennen meistens die Distanzen zu lang.“

 

Ein Vertreter der „alten Schule“ mit großen Trainingsumfängen und hohem Grundlagenausdauer-Anteil ist hingegen der frühere A-Klasse-Fahrer Tobias Schütz, der in der abgelaufenen Saison nach vielen Jahren Pause sein Comeback feierte, zehn Platzierungen bei den Masters 2. schaffte und dafür 23.000 Jahreskilometer fuhr – zugunsten von Intervall- und Sprinttraining hatte er seine vorherigen Distanzen aus der Zeit ohne Rennen sogar reduziert. „Ich habe es nicht bereut, wieder angefangen zu haben“, sagt der Wallmenrother, der sich besonders die Masters-DM in Görlitz und bergige Rennen im Kalender notiert hat.

 

Auch Schütz’ langjähriger Weggefährte Christoph Ambroziak ist nach einer langen Rennpause wieder ins Renngeschehen zurückgekehrt. Doch während für das Gros seiner Teamkollegen die Saison im März erst losgeht, hat „Ambro“ seine Ziele in der Cyclocross-Saison bereits abgehakt. Der Vizemeister-Titel in Rheinland-Pfalz und Platz 15 bei der Masters-WM stehen zu Buche, im Sommer sind nur einige Straßenrennen als Vorbereitung auf die kommende Cross-Saison vorgesehen.

 

Profitieren könnten dabei seine Mitstreiter. „Bei Rennen kann man nicht immer nur seine eigenen Ansprüche geltend machen, da geht es auch mal darum, seine Teamkollegen zu unterstützen“, sagt Ambroziak. „Dann kommt man vielleicht mal nur als 15. ins Ziel, aber hat seinen Job gemacht.“

 

Definitiv weiter nach vorne will im Sommer Steffen Heintz, der gemeinsam mit seinen Brüdern Peter und Uwe zum Team gehört. Nach drei Siegen, acht Podestplätzen und 19 Platzierungen soll nun auch bei den Deutschen Meisterschaften ein Top-Ergebnis herausspringen. „Dort will ich unter die ersten Fünf und bei unserer City-Night mindestens aufs Podium“, sagt Heintz.

 

Mit Rundstreckenrennen und Kriterien ist er in genau der Sparte am stärksten, die aus organisatorischen Belangen mittlerweile die am häufigsten angebotene Rennform auf der Straße ist. Gleiches gilt für Jörg Winzen und Andreas Peppel, die bei der Rundstrecken-Kurvenhatz mit stetigen Antritten ihre fünf bzw. elf Platzierungen aus 2023 toppen wollen.

 

Mit Julius Butenschön in der Männerklasse sowie ihrem Geschäftsführer Michael Graben und Frank Stühn in der Mastersklasse 3 haben die Betzdorfer auch drei ausgemachte Zeitfahr-Asse in ihren Reihen, die sich im Kampf gegen die Uhr vor allem bei den prestigereichen Landesmeisterschaften etwas ausrechnen. Stühn nahm hier im Sommer 2023 die Bronzemedaille mit, freut sich aber auch auf das Zusammenspiel innerhalb der Mannschaft bei den Straßenrennen. „Zum Glück gibt es wieder ein großes Team, wo wir uns motivieren und unterstützen können. Das ist ganz anders, als allein am Start zu stehen.“

 

Komplettiert wird das Team durch Mario Ermert und Michael Eckhardt sowie seine Jedermannfahrer Markus Hoffmann, der zugleich 2. Vorsitzender ist, sowie Sascha Vergin, die sich bei Veranstaltungen beweisen wollen, bei denen keine Lizenz vonnöten ist, etwa beim Jedermannrennen in Kreuztal.